TikTok: Opfer von Wirtschaftskrieg oder reale Bedrohung für die Sicherheit?

TikTok, die Social-Media-App, die die Welt im Sturm erobert hat. Mit über 1 Milliarde aktiven Nutzern weltweit hat TikTok die Art und Weise, wie wir Inhalte konsumieren und teilen, revolutioniert. Die App, die für ihre kurzen, kreativen Videos bekannt ist, hat eine neue Ära der digitalen Unterhaltung eingeläutet und ist zu einem wichtigen Akteur in der globalen Medienlandschaft geworden.

Jedoch hat der rasante Aufstieg von TikTok auch Kontroversen und Bedenken hervorgerufen. Datenschutz, nationale Sicherheit und die Rolle des Unternehmens in der globalen Informationslandschaft sind nur einige der Themen, die in den letzten Jahren intensiv diskutiert wurden.

TikTok, das von dem chinesischen Unternehmen ByteDance betrieben wird, hat sich als ernsthafter Konkurrent für etablierte US-Technologieunternehmen wie Meta (Facebook/Instagram/Threads) und Alphabet (Google) erwiesen.

Mit Werbeeinnahmen, die neue Rekorde aufstellen und die Prognosen von Analysten bei Weitem übertreffen, hat TikTok die Dynamik der digitalen Werbelandschaft komplett verändert. Die Einnahmen stiegen um 477% von 171 Millionen Dollar im Jahr 2020 auf 990 Millionen Dollar im Jahr 2022.

Im Gegensatz dazu musste Meta (ehemals Facebook) einen starken Rückgang ihrer Werbeeinnahmen bei der begehrten demografischen Gruppe der 18- bis 25-jährigen Social-Media-Nutzer verzeichnen, und auch Twitter hat nach der Übernahme durch Elon Musk viele finanzstarke Werbepartner verloren.

Die Geschichte anderer Social-Media-Plattformen wie MySpace, StudiVZ oder Tumblr haben zudem gezeigt, wie schnell der Stern einer führenden Social-Media Plattform in kürzester Zeit sinken kann. Noch können die amerikanischen Anbieter mithalten, doch TikTok baut seinen Erfolg konsequent weiter aus, und wird durch Neuerungen (wie zB. längere Videos, bessere Suchalgorithmen) noch attraktiver für Werbende und Influencer.

In diesem Artikel werden wir die Kontroversen und Herausforderungen, mit denen TikTok konfrontiert ist, genauer untersuchen. Wir werden uns mit den Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der nationalen Sicherheit auseinandersetzen, die Bemühungen zur Regulierung oder zum Verbot von TikTok in verschiedenen Ländern beleuchten und die Unterschiede in der Behandlung von TikTok im Vergleich zu US-Technologieunternehmen diskutieren.

 

Datenschutz und TikTok

TikTok hat in der Vergangenheit wegen Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Datensicherheit Schlagzeilen gemacht. Kritiker argumentieren, dass die App, die von der chinesischen Firma ByteDance betrieben wird, eine potenzielle Bedrohung für die Privatsphäre der Nutzer darstellt. Insbesondere wurde befürchtet, dass die Daten von Nutzern in die Hände der chinesischen Regierung gelangen könnten.

TikTok hat jedoch wiederholt betont, dass es strenge Datenschutzmaßnahmen einhält und dass die Daten seiner Nutzer sicher sind. Das Unternehmen hat erklärt, dass es die Daten seiner Nutzer in den USA und Singapur speichert und dass diese Daten durch strenge Zugangskontrollen und fortschrittliche Sicherheitstechnologien geschützt sind.

Es ist wichtig zu beachten, dass es bisher keine konkreten Beweise dafür gibt, dass TikTok Nutzerdaten missbraucht hat. Im Gegensatz dazu haben andere große Technologieunternehmen wie Facebook und Google in der Vergangenheit Datenschutzverletzungen und Missbrauch von Nutzerdaten zugegeben.

 

Nationale Sicherheit und TikTok

Neben Datenschutzbedenken gibt es auch Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit. Einige Kritiker argumentieren, dass TikTok aufgrund seiner Verbindungen zu China eine potenzielle Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellt.

Es gibt Befürchtungen, dass die chinesische Regierung TikTok nutzen könnte, um Desinformation zu verbreiten oder um Einfluss auf die öffentliche Meinung in anderen Ländern zu nehmen. Es gibt jedoch auch hier keine konkreten Beweise für solche Behauptungen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Verbreitung von Fehlinformationen und die Manipulation der öffentlichen Meinung nicht auf TikTok beschränkt sind. Andere Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter haben in der Vergangenheit ähnliche Probleme gehabt.

Insbesondere Facebook und Google haben in der Vergangenheit erhebliche Geldstrafen wegen Datenschutzverletzungen und Missbrauch von Nutzerdaten zahlen müssen. Im Jahr 2019 wurde Facebook von der US Federal Trade Commission (FTC) zu einer Rekordstrafe von 5 Milliarden US-Dollar verurteilt. Im gleichen Jahr wurde Google in Frankreich zu einer Geldstrafe von 50 Millionen Euro verurteilt.

Wobei angemerkt sei dass diese Strafen im Vergleich zu den enormen Umsätzen dieser Unternehmen relativ gering sind. Zum Beispiel betrug der Umsatz von Facebook im Jahr 2019 über 70 Milliarden US-Dollar, und der Umsatz von Google betrug im gleichen Jahr über 160 Milliarden US-Dollar.

Insgesamt ist die Debatte um TikTok ein komplexes Thema, das viele verschiedene Aspekte umfasst. Es ist wichtig, dass wir uns mit den Fakten auseinandersetzen und eine informierte Meinung bilden.

 

Versuche, TikTok zu verbieten: Technische, rechtliche und politische Herausforderungen

Die Diskussionen und Bemühungen, TikTok in den USA und anderen Ländern zu verbieten, sind vielschichtig und komplex. Sie betreffen technische, rechtliche und politische Aspekte, die alle sorgfältig berücksichtigt werden müssen.

Zunächst einmal ist die Frage der freien Meinungsäußerung ein zentraler Punkt in dieser Debatte. Im Jahr 2020 versuchte die Trump-Administration, TikTok zu verbieten, und argumentierte, dass die App eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstelle. Dieser Versuch wurde jedoch von den Gerichten blockiert, da er gegen den Schutz der freien Meinungsäußerung verstieß.

Im Jahr 2023 unterzeichnete der Gouverneur von Montana, Greg Gianforte, eine Gesetzgebung, die TikTok verbietet, um die Einwohner von Montana vor angeblicher chinesischer Überwachung zu schützen. Damit wurde Montana der erste US-Bundesstaat, der die beliebte Kurzvideo-App verbannt hat.

Die US-Regierung und einige Ihrer Politiker behaupten, dass TikTok eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellt, da es angeblich Daten von US-Bürgern sammelt und diese an die chinesische Regierung weitergeben könnte.  Für diese Behauptung gibt und gab es bisher aber keine Beweise und TikTok hat diese Behauptungen immer wieder bestritten und betont, dass es die Daten seiner Nutzer schützt und keine Daten mit der chinesischen Regierung teilt.

Jeder Versuch, die App zu blockieren, hängt wahrscheinlich von der Verabschiedung von Gesetzen wie dem RESTRICT Act ab. Dieser parteiübergreifende Gesetzentwurf würde dem Handelsministerium neue Befugnisse zur Verbannung ausländischer Technologien einräumen, die ein nationales Sicherheitsrisiko darstellen. Dies würde die in bestehenden Gesetzen verankerten Schutzmaßnahmen für die Meinungsfreiheit umgehen.

Die technischen Herausforderungen sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. TikTok, das von FBI-Direktor Christopher Wray als potenzielle Plattform zur „Kontrolle von Software auf Millionen von Geräten“ bezeichnet wurde, hat bereits seit Jahren die Aufmerksamkeit der US-Regierung auf sich gezogen. Dennoch ist es technisch schwierig, eine App vollständig zu verbieten, da es immer Möglichkeiten für Sideloads oder Downloads der APK-Datei aus dem Internet gibt.

Darüber hinaus gibt es rechtliche Herausforderungen. Einige Experten weisen darauf hin, dass die Verwendung der neuen rechtlichen Instrumente zur Verbannung von TikTok immer noch Herausforderungen im Hinblick auf den Ersten Verfassungszusatz (First Amendment) mit sich bringen könnte. Es wird erwartet, dass es rechtliche Herausforderungen geben wird, wenn diese Instrumente zur Verbannung von TikTok eingesetzt werden.

Schließlich sind auch politische Herausforderungen zu berücksichtigen. Obwohl der RESTRICT Act parteiübergreifende Unterstützung genießt, wurde noch kein Begleitgesetz im Repräsentantenhaus vorgestellt. Es ist auch noch nicht klar, wann der Kongress das Gesetz aufgreifen könnte. Einige glauben, dass es möglicherweise an eine jährliche Verteidigungsmaßnahme angehängt werden könnte.

Insgesamt zeigt sich, dass ein Verbot von TikTok in den USA eine komplexe Angelegenheit ist, die sowohl technische als auch rechtliche und politische Herausforderungen mit sich bringt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt und welche Auswirkungen dies auf die globale Medienlandschaft haben wird.

  • Donald Trump: Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat TikTok als „Bedrohung für die nationale Sicherheit“ bezeichnet und versucht, die App in den USA zu verbieten. Er unterzeichnete eine Exekutivanordnung, die TikTok 45 Tage Zeit gab, den Verkauf seiner US-Operationen an ein amerikanisches Unternehmen abzuschließen oder mit einem Verbot konfrontiert zu werden. Quelle
  • Mike Pompeo: Der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo warnte Amerikaner davor, TikTok herunterzuladen, es sei denn, sie wollten ihre privaten Informationen in die „Hände der Kommunistischen Partei Chinas“ legen. Quelle
  • Marco Rubio: Der US-Senator Marco Rubio hat TikTok als „risikoreich“ bezeichnet und die US-Regierung aufgefordert, eine vollständige Untersuchung der TikTok-Muttergesellschaft ByteDance und deren Beziehungen zur chinesischen Regierung durchzuführen. Quelle
  • Chuck Schumer: Der US-Senator Chuck Schumer äußerte Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit und des Datenschutzes auf TikTok und forderte eine Untersuchung durch die US-Regierung. Quelle
  • Josh Hawley: Der US-Senator Josh Hawley hat TikTok als „fundamentales Sicherheitsrisiko“ bezeichnet und die App wegen ihrer Datensammelpraktiken kritisiert. Quelle

 

Die Kontroverse um TikTok wirft aber noch eine andere wichtige Frage auf: Werden alle Social-Media-Plattformen mit dem gleichen Maßstab gemessen? 

Es ist unbestreitbar, dass TikTok aufgrund seiner chinesischen Herkunft unter besonderer Beobachtung steht. Die US-Regierung und andere westliche Regierungen haben Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit und des Potenzials für ausländische Einflussnahme geäußert. Diese Bedenken sind nicht unbegründet, aber sie werden oft ohne konkrete Beweise vorgebracht.

Im Vergleich dazu haben US-Technologieunternehmen wie Facebook und Google in der Vergangenheit erhebliche Datenschutzverstöße begangen. Facebook wurde 2019 von der US Federal Trade Commission (FTC) mit einer Rekordstrafe von 5 Milliarden US-Dollar belegt, nachdem das Unternehmen die Datenschutzbestimmungen verletzt hatte. Google wurde 2019 von der französischen Datenschutzbehörde CNIL mit einer Strafe von 50 Millionen Euro belegt, weil es gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen hatte. Trotz dieser Verstöße und Strafen sind diese Unternehmen weiterhin in Betrieb und dominieren den globalen Technologiemarkt.

Es ist auch wichtig, die Rolle von Social-Media-Plattformen bei der Verbreitung von Fehlinformationen zu berücksichtigen. Während TikTok wegen seiner Algorithmen – über die nur spekuliert werden kann – und der Möglichkeit der Verbreitung von Fehlinformationen kritisiert wurde, haben unter anderem die Plattformen Facebook (Meta), Instagram (Meta), Youtube (Google) und Twitter diese konkreten Probleme bereits gehabt. Die Plattformen wurden für ihre Rolle bei der Verbreitung von Fehlinformationen während der US-Präsidentschaftswahlen 2016 und der COVID-19-Pandemie stark kritisiert und zum Teil auch bereits dafür rechtlich bestraft.

Die Behandlung von TikTok im Vergleich zu US-Technologieunternehmen wirft auch Fragen nach möglichen sinophoben Motiven auf. Es gibt Bedenken, dass die harte Haltung gegenüber TikTok teilweise auf anti-chinesischen Gefühlen beruht. Ein Beispiel dafür ist die jüngste Kontroverse in Frankreich, wo Politiker TikTok und andere Social-Media-Plattformen für die Gewalt während der massiven Proteste in der vergangenen Woche verantwortlich gemacht haben. Es bleibt abzuwarten, ob ähnliche Vorwürfe gegen US-Technologieunternehmen erhoben werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Behandlung von TikTok im Vergleich zu US-Technologieunternehmen Fragen nach Fairness und Gleichheit aufwirft. Es ist wichtig, dass alle Social-Media-Plattformen nach den gleichen Standards beurteilt und reguliert werden, unabhängig von ihrer Herkunft.

Es ist auch bemerkenswert, dass traditionelle Medien und Tageszeitungen oft eine durchweg negative Haltung gegenüber TikTok einnehmen. Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass über angeblich gescheiterte TikTok-Challenges dramatisiert berichtet wird, die tragischerweise zum Tod eines Kindes oder Jugendlichen geführt haben. Bei der Betrachtung dieser Berichterstattung sollte man jedoch nicht vergessen, dass TikTok einen erheblichen Anteil an den Werbeeinnahmen aus der Medienbranche für sich beansprucht und somit auch ein starker wirtschaftlicher Konkurrent für Fernseh- und Nachrichtensender oder Tageszeitungen ist.

Darüber hinaus zeigt eine aktuelle Umfrage des Pew Research Center, dass immer mehr Amerikaner ihre Nachrichten von TikTok beziehen. Der Prozentsatz der Menschen, die Nachrichten von TikTok erhalten, hat sich seit 2020 verdreifacht; etwa 10 Prozent aller US-Erwachsenen informieren sich nun regelmäßig über die TikTok-App. Bei Erwachsenen unter 30 Jahren steigt diese Zahl sogar auf 26 Prozent!

 

Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Kontroverse um TikTok wirft eine Reihe von wichtigen Fragen auf, die weit über die App selbst hinausgehen. Sie berührt Themen wie Datenschutz, nationale Sicherheit, die Rolle von Social-Media-Plattformen in unserer Gesellschaft und die Beziehungen zwischen den USA und China.

Es ist klar, dass TikTok, wie andere Social-Media-Plattformen auch, vor Herausforderungen steht, insbesondere in Bezug auf Datenschutz und die Verbreitung von Fehlinformationen. Es ist jedoch wichtig, dass diese Herausforderungen auf faire und gerechte Weise angegangen werden. Alle Social-Media-Plattformen, unabhängig von ihrer Herkunft, sollten nach den gleichen Standards beurteilt und reguliert werden.

Die Kontroverse um TikTok hat auch gezeigt, dass es einen dringenden Bedarf an klareren und konsistenteren Regulierungen für Social-Media-Plattformen gibt. Diese Regulierungen sollten den Datenschutz der Nutzer schützen, die Verbreitung von Fehlinformationen verhindern und sicherstellen, dass diese Plattformen nicht zur Manipulation der öffentlichen Meinung oder zur Beeinflussung von Wahlen verwendet werden können.

Schließlich ist es wichtig, dass wir als Gesellschaft eine offene und ehrliche Diskussion über die Rolle von Social-Media-Plattformen in unserer Gesellschaft führen. Diese Plattformen haben einen enormen Einfluss auf unser Leben und unsere Gesellschaft, und es ist wichtig, dass wir diesen Einfluss verstehen und angemessen darauf reagieren.

Die Kontroverse um TikTok ist nur ein Beispiel für die Herausforderungen, die vor uns liegen. Aber es ist ein wichtiges Beispiel, und es bietet uns eine wertvolle Gelegenheit, über diese wichtigen Fragen nachzudenken und zu diskutieren.


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